P3-BLOG


von Stefan Breitenfeld

19.07.2021

Nachhaltigkeit

„Wir sollten unser eigenes Bewusstsein für Nachhaltigkeit entwickeln“

Schluss mit der Wegwerfmentalität - seit 3. Juli 2021 ist Einwegplastik in der EU verboten. Das Verbot betrifft unter anderem Trinkhalme, Einweg-Geschirr, Styropor-Essenbehälter und To-go-Getränkebecher; Restbestände dürfen jedoch noch abverkauft werden. Was bedeutet die neue Regelung für uns und unseren Alltag?

Im Gespräch mit Eugen Herzau, Professor für Verpackungstechnik an der HTWK Leipzig.

Welches Ziel soll mit dem Verbot erreicht werden?

EH: Basis dafür ist die europäische Gesetzgebung. Diese ist (nun) in deutsches Recht übertragen worden. Bereits im November 2018 wurde ein Fünf-Punkte-Plan für weniger Plastik vorgelegt. 2019 trat in Deutschland das Verpackungsgesetz in Kraft und löste die bis dahin gültige Verpackungsverordnung ab.

Wie beurteilen Sie das Verbot?

EH: Ich finde es richtig. Für Einwegprodukte aus Kunststoff haben wir in Deutschland keine speziellen Rücknahmesysteme. Die Folge: Die Abfallbehälter quellen sehr oft über, wie häufig ein Blick in Parks zeigt – und die Pandemie hat das Problem noch verstärkt, die Umweltbelastung ist immens. Das Thema musste gelöst werden. In diesem Fall besteht die Lösung in einem Verbot mit Kriterien; bestimmte Einrichtungen sind davon jedoch ausgeschlossen, z.B. Kioske mit Platz für weniger als fünf Personen und einer Größe bis zu 80 Quadratmetern. Das Verbot gilt eher für die großen Ketten, auch, wenn sie z.B. auf Bahnhöfen nur kleine Läden betreiben.

Und wenn wir alle in Zukunft nur noch unsere eigenen Gefäße mitbringen? Viele Menschen praktizieren das ja schon.

EH: Das Problem sind die Hygienestandards: Sobald ein Markt die Ware an Kundschaft übergeben hat, ist er aus der Pflicht genommen und kann nicht mehr haftbar gemacht werden. Es gibt eine ganz andere Rechtslage und überhaupt viel mehr Verbote, heute drohen ja auch rasch mediale Lebensmittel-Skandale. Hauptproblem in meinen Augen ist jedoch unsere zunehmende Bequemlichkeit. Wir erwarten Lösungen immer zuerst von außen bzw. von anderen. Wir sollten aber ein eigenes Bewusstsein für Nachhaltigkeit entwickeln und nicht immer alles durch Regularien lösen lassen. Schließlich sind wir mündige Bürgerinnen und Bürger. Doch oft bleibt es auch beim Thema leider bei Lippenbekenntnissen, daher sind gesetzliche Eingriffe nötig.

Welche Alternativen sehen Sie?

EH: Mehrwegfähigkeit halte ich für sinnvoll, dafür sollte man Lösungen finden. Glas z.B. ist gut – ich selbst kaufe mein Wasser in Glasflaschen. Glas kann aber Verletzungsgefahr durch Scherben bergen. Es muss außerdem spülbar sein. Kartons mit bestimmten Beschichtungen – z.B. Wachs – müssen recycelbar sein, jedoch kommt hier oft ein Plastikdeckel hinzu. Generell sehe ich Abfall jedoch nicht als Müll, sondern als Wert- bzw. Rohstoff, der in einen Kreislauf zurückgeführt werden sollte.

Sogenanntes „Bioplastik“ und Naturkautschuk werden jetzt gleich mit verboten – warum auch diese?

EH: Biokunststoffe sind nicht unbedingt besser. Wir müssen unterscheiden in biobasierte Kunststoffe, die sich wie erdölbasierte Kunststoffe verarbeiten lassen, und in bioabbaubare Kunststoffe. Bioabbaubare Kunststoffe sind prinzipiell kompostierbar, verrotten aber einfach zu langsam und gehören daher z.B. nicht  in den Biomüll, auch, wenn „Bio“ draufsteht.

Unser HTWK Studiengang „Verpackungstechnologie und Nachhaltigkeit“ ist da ganz auf der Höhe der Zeit: Im Modul „Nachhaltige Verpackungs-Systeme“ wird auch das Thema Ökobilanzen besprochen, und Ziel und Untersuchungsrahmen werden festgelegt: Was will ich mit den Ergebnissen eigentlich erreichen?
Die Studierenden liefern gute Beiträge – sie haben sich ganz bewusst für dieses Studium entschieden. Wir immatrikulieren 25 Studierende im Jahr, die sehr gute Eingangsleistungen mitbringen. Immerhin haben wir einen NC von 1,6 – das heißt, die, die bei uns studieren, sind sehr motiviert. Die Industrie wiederum unterstützt die Lehre mit entsprechenden Aufgabenstellungen aus der Praxis.

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