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(17.05.2021 / sbr)

Cobots: Druckerei Geiselberger schlägt neues Kapitel auf

Das Druckereiwesen steht vor einer Zerreißprobe: Der Siegeszug digitaler Medien mit eBooks, eMagazines und ePapern, ein starker Preisverfall, vor allem aber der Fachkräftemangel machen einer ehemals starken Branche Deutschlands das Leben schwer. Die Druckerei Geiselberger hat eine passende Antwort auf die Herausforderungen der Gegenwart gefunden: Prozessautomatisierung mit Cobots von Universal Robots.

„Man muss sich schon überlegen, was man macht. Warten, bis die Lichter ausgehen, oder sich der Situation stellen. Wir haben uns für Letzteres entschieden.“ Die Kampfansage von Matthias Manghofer, Geschäftsführer der Gebr. Geiselberger GmbH, Altötting, ist symptomatisch für eine ganze Branche: Elektronische Medien, verbunden mit einer sinkenden Nachfrage nach klassischen Printerzeugnissen, einem starken Preisverfall und nicht zuletzt der anhaltende Fachkräftemangel zwingen das einst florierende Marktsegment der Buchdrucker und -binder, Schriftsetzer und Typografen zum Handeln. „Wir haben gerade ziemlich viel zu tun, was für eine Druckerei ja eher ungewöhnlich ist“, kommt Manghofer gleich zum Punkt. Während Mitbewerber spätestens seit Pandemiebeginn im vergangenen Jahr bis zu 40 Prozent Kurzarbeit beklagen müssten, „haben wir eine Auslastung von 100 Prozent“.

Die Gründe für die vollen Auftragsbücher sieht der Geschäftsleiter der 1911 gegründeten Druckerei aus Oberbayern vor allem in drei richtungsweisenden Entscheidungen. So sei man in der glücklichen Lage, sich auf periodische Aufträge von Verlagen verlassen zu können, die derzeit viele Lernhefte für Schüler produzieren lassen. „Das braucht man gerade ja dringend, vor allem für Prüfungsvorbereitungen.“ Hinzu käme eine ausgefeilte Geschäftsstrategie, indem man die drei Standorte der Geiselberger-Gruppe mit einem unterschiedlichen und hochspezialisierten Leistungsportfolio ins Rennen um Marktanteile geschickt habe. „Hier in Altötting produzieren wir hauptsächlich hochwertige Bogenoffsetprodukte, von Visitenkarten bis Katalogen. In unserer Niederlassung in Kaufering kommen Beipackzettel für die Pharmaindustrie und Verkaufsverpackungen für Luxus- und Konsumgüter aus den Maschinen. In Langweid bei Augsburg drucken wir jährlich ungefähr 90 Millionen Laufmeter an Geschenkpapierröllchen für den europäischen Markt“, konkretisiert Manghofer, der seit 2010 die Geschicke des Unternehmens leitet.

„Wir investieren in Technik und halten die Leistung sehr hoch“

Den Hauptgrund dafür, dass Geiselberger bis dato von dem Beben in der Branche größtenteils verschont geblieben ist, schreibt der gelernte Bogenoffsetdrucker allerdings einer anderen wegweisenden Firmenphilosophie zu: „Wir investieren in Technik und halten so die Leistung sehr hoch.“ Um mit den sinkenden Margen und den Preisen aus Niedriglohnländern mithalten zu können, habe man sich beim Unternehmen mit seinen derzeit 227 Festangestellten und einem Jahresumsatz von rund 35 Millionen Euro in 2020 frühzeitig dazu entschieden, Prozesse zu automatisieren. Gleichzeitig erhoffte sich Geiselberger von der Automatisierung, dem anhaltenden Fachkräftemangel ein Schnippchen zu schlagen: „Das ist ein Henne-Ei-Problem. Denn wenn die Branche an Volumen verliert, wird auch weniger ausgebildet.“ Hinzu kämen lokale Herausforderungen in der südbayerischen Region. „Wir haben Probleme beim Recruiting, weil wir mit vielen Chemieunternehmen konkurrieren und wir hier ohnehin Vollbeschäftigung haben“, so der Geschäftsführer weiter. Die Konsequenz: Um Kundenbedürfnisse auch in Zukunft erfüllen zu können, müsse mit bestehendem Personal schneller und mehr produziert werden.

Volle Auslastung mit Cobots

Während einer Kapazitätsplanung kam Manghofer dann auch die zündende Idee für ein neues Kapitel in der Traditionsdruckerei: „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir die Auslastung ohne maschinelle Unterstützung nicht halten können.“ Zupass kam Manghofer zu jener Zeit ein Werbevideo, das mit der Hoffnung einherging, eine Vollauslastung auch ohne die dafür fehlenden drei bis vier Mitarbeiter erreichen zu können: „Das Video handelte von Robotern.“

Im Oktober 2020 war es dann soweit – in Form von zwei kollaborierenden Robotern (Cobots) des Typs UR10e von Universal Robots (UR) sowie einer Falzmaschine von MBO Postpress Solutions, einem OEM-Partner von Universal Robots. „Schon nach einer zweitägigen Einführung durch MBO und der Anbindung an eine Falzanlage hat der Cobot funktioniert.“ Kurze Zeit später nahm auch der zweite maschinelle Helfer des gleichen Typs, der zusammen mit einer neuen Falzanlage geliefert wurde, die Arbeit auf. Manghofer erklärt die schnell zu programmierenden Arbeitsschritte der beiden Cobots wie folgt: Die Falzmaschine falzt Bogen auf ein Verarbeitungsformat, die später durch eine andere Maschine weiterverarbeitet werden müssen. Während diese Bogen früher von einem menschlichen Mitarbeiter aufgenommen, auf einen Stapel gelegt und dieser dann auf eine Palette transportiert werden musste, erledigen all das heute die zwei Cobots von UR. „Die Roboterarme sind mit einer variablen Zange ausgestattet und kommen so mit jedem Papier zurecht. Sie arbeiten mindestens so schnell wie Menschen.“

Investition in zwei Jahren amortisiert

Manghofer verfügt über durchweg positive Cobot-Erfahrungen, die er bereits nach kürzester Zeit mit harten Zahlen untermauern konnte: „Während früher vier Personen für zwei Schichten im Einsatz waren, sind es heute nur noch zwei Mitarbeiter. Damit sind wir doppelt so produktiv.“ Ein Wettbewerbsvorteil, der sich für den Geiselberger-Chef eigenen Worten zufolge schon bald in barer Münze auszahlen wird. „Für uns bedeutet der Einsatz der Cobots von Universal Robots einen Vorteil von drei bis vier zusätzlichen Personalstellen, einen Profit von ungefähr 200.000 Euro pro Jahr.“ Schon in zwei Jahren, so die Schätzung des Geschäftsführers, werde sich die Investition amortisiert haben. Und auch die Mitarbeiter bei Geiselberger sind längst voll des Lobes ob der tatkräftigen Unterstützung der Kollegen mit den starken Greiferarmen: „Unsere Mitarbeiter würden die zwei Roboter nicht mehr hergeben.“