P3 3-4/2021 de

Interview

„Das interessiert die Kunden viel mehr!“

Bildung & Beruf

Der Verband Druck und Medien Bayern (VDMB) hat eine Stellenbörse initiiert, um Mitgliedsunternehmen die Möglichkeit zu geben, sich umfassend zu präsentieren und damit punktgenau qualifizierte Bewerber auf sich aufmerksam zu machen. Wir sprachen mit Hauptgeschäftsführer Holger Busch über die Attraktivität der Branche, den Fachkräftemangel und die Bedeutung der Ausbildung.

Die Druck- und Papierbranche navigiert durch schwieriges Fahrwasser. Kostensteigerungen, sinkende Auflagen, teilweise Umsatzrückgänge. Wie kann man unter diesen Umständen für junge Menschen ein attraktiver Arbeitgeber bleiben?

Holger Busch: Die Unternehmen aus der Druck- und Medienindustrie bieten auch in Zukunft hochinteressante, verantwortungsvolle und gut bezahlte Arbeitsplätze. Das allein reicht aber schon lange nicht mehr, um gute Leute zu finden und an das eigene Unternehmen zu binden. Wichtiger denn je ist, angesichts des wachsenden Wettbewerbs um die begehrten Talente auch als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Dazu gehören neben den finanziellen Fragen auch Themen wie Wertschätzung, Unternehmenskultur, Weiterbildung, Flexibilität und Aufstiegsperspektiven. Und genauso wichtig ist es, diese Dinge auch bekannt zu machen und nach außen zu tragen. Was hilft die beste Unternehmenskultur, wenn es außerhalb des Unternehmens keiner weiß? Das fängt bereits bei der eigenen Website an, in der ich mehr über meine Mitarbeiter und das Miteinander berichte als über die aktuelle Maschinenausstattung. Das interessiert die Leute – übrigens häufig auch Kunden – viel mehr. Auch deswegen gehört das Thema „wie werde ich als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen“ gerade zu unseren aktuellen Beratungsschwerpunkten.

Die neue Stellenbörse des VDMB lässt sich unter den Mitgliedsunternehmen relativ rasch bekannt machen, da auf ein existierendes Netzwerk zurückgegriffen werden kann. Aber wie setzen Sie Arbeitssuchende und potenzielle Azubis über die Existenz der Plattform in Kenntnis?

Wir bewerben die neue Stellenbörse breit auf all unseren Kommunikationskanälen. Und diese richten sich ja nicht nur an unsere Mitgliedsunternehmen, sondern auch an Branchenpartner, die Berufs- und Hochschulen, die Fachmedien - und an die Fachkräfte der Branche und somit potenzielle Arbeitnehmer. Wir sind, dank unseres Aus- und Weiterbildungszentrums, mit vielen Auszubildenden und Facharbeitern der Branche gut vernetzt. Wir nutzen unsere Stellenbörse auf Jobmessen, auf denen wir vertreten sind, und setzen auf Multiplikatoren wie beispielsweise die Arbeitsvermittler und Berufsberater der Agenturen für Arbeit, die wir ohnehin regelmäßig über die Jobangebote der Druck- und Medienbranche informieren. Und nicht zuletzt greifen ja auch die großen Suchmaschinen und Job-Plattformen auf unsere Angebote zu. Auch das erhöht die Chance, am Ende die richtigen Kandidaten auch tatsächlich zu erreichen.

Wie wird die Stellenbörse finanziert?

Wir haben die Stellenbörse mit internen Mitteln im Rahmen des Relaunches unserer Website umgesetzt. Es ist uns wichtig, unseren Mitgliedsunternehmen damit einen zusätzlichen exklusiven Service im Bereich der Fachkräftesicherung zur Verfügung zu stellen - ein weiterer Mehrwert für die Mitgliedschaft im Verband.

Unternehmen der Branche geben an, ihre Facharbeiterstellen nur schwer oder gar nicht besetzen zu können. Gleichzeitig ist die Zahl der neuen Ausbildungsverträge im Jahr 2020 kräftig gesunken. Über Fachkräftemangel klagen, aber nicht selbst ausbilden wollen – wie geht das zusammen?

Ein Großteil der Betriebe befindet sich aktuell in einer Ausnahmesituation. Die Auswirkungen der Corona-Krise sind enorm und auch auf dem Ausbildungsmarkt deutlich zu spüren. Die aktuelle Situation ist weder für Auszubildende noch für die Betriebe leicht, dennoch warnen wir davor, die Ausbildung im Betrieb künftig zu vernachlässigen. Der Rückgang der aktuellen Ausbildungszahlen um gut 20 Prozent bereitet auch uns Kopfzerbrechen. Die Ausbildung ist und bleibt unser wirkungsvollstes und nachhaltigstes Mittel, um den Fachkräftebedarf der Zukunft zu decken. Denn eines ist sicher: Der Mangel an Fachkräften, der uns schon vor der Krise stark beschäftigt hat, wird in Zukunft weiter wachsen, gerade wenn sich die anderen großen exportorientierten Branchen wie Automobil und Maschinenbau wirtschaftlich wieder erholen. Darauf sollten wir vorbereitet sein. 

Der bvdm hat angeregt, dass die „Ansprache von Jugendlichen auch nach der Pandemie verstärkt digital erfolgen sollte“. Aus Ihrer Sicht ein richtiger Schritt?

Bei der Fachkräftegewinnung sollten Unternehmen generell verstärkt digitale Kanäle nutzen. Besonders bei der jungen Generation aber ist die Ansprache über digitale Kanäle unerlässlich. Das vergangene Jahr hat das besonders eindrücklich gezeigt. Nachwuchsgewinnung fand hauptsächlich in der virtuellen Welt statt – daran mussten sich viele Ausbildungsbetriebe erst gewöhnen. Aber bereits vor der Pandemie informierten sich Schüler überwiegend online über Ausbildungsmöglichkeiten. Bei der Gewinnung von Auszubildenden gilt es daher, digitale Einstiegspfade zu nutzen, um jungen Menschen den Weg in eine Berufsausbildung zu ebnen. Dazu gehören insbesondere auch die sozialen Netzwerke in Kombination mit einer attraktiven Karriereseite auf der eigenen Website. Natürlich wird es in Zukunft wieder Schülerpraktika, Kennenlernprogramme und Bildungsmessen geben. Aber die wachsende Bedeutung digitaler Kanäle für die Nachwuchsgewinnung daneben wird bleiben. Von daher müssen Unternehmen zukünftig beide Kanäle – die digitale und die analoge Welt - exzellent bespielen, wenn sie erfolgreich sein wollen.

Herr Busch, vielen Dank für das Gespräch!

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