P3 3-4/2021 de

Editorial

Editorial

Der Zweifel ist die größte Triebfeder
des Fortschritts.

(Georges Cuvier)

Liebe Leserinnen und Leser,

das Nachhaltigkeitslied erklingt in ungebrochenen Tönen rund um den Globus, gesungen von Industrie, Verbänden und Politik gleichermaßen. Wo Ansporn ist, schleicht sich im Wettbewerb aber gerne auch mangelnde Transparenz ein. Das muss nichts Schlimmes bedeuten, kann aber gewollt sein. Ein Unternehmen bewirbt sein nachhaltiges Verpackungsprodukt damit, dass ab sofort Zellstoff aus 100 % Altpapier verwendet wird. Liest man die gesamte Mitteilung und fügt die Details zusammen, so stellt sich heraus, dass der benötigte Zellstoff hierfür in großen Mengen von Frankreich nach Polen gekarrt wird. Auf Nachfrage erfährt die Redaktion: Nun ja, da sei tatsächlich noch Luft nach oben, aber schließlich gehe es hier um die Qualität. – Dann möge man auch die Qualität hervorheben, nicht die zweifelhafte Nachhaltigkeit!

Überhaupt wird rund um das Thema Kreislaufwirtschaft gerne vergessen – oder besser: ungern erwähnt – dass das Recycling von Papierfasern derzeit auf ca. sieben (plus x) Durchläufe begrenzt ist. Laborversuche an der TU Darmstadt haben bereits gezeigt, dass deutlich mehr möglich sein dürfte, allerdings liegen die Herausforderungen bereits auf einer früheren Stufe: dem Herausfiltern von Verunreinigungen und Störstoffen bei gleichzeitiger Minimierung der Faserverluste. Das wiederum ist vielfach bereits Schuld des Verbrauchers; in den Papiertonnen finden sich Säcke voller Plastikmüll, Restmüll, Weißblechdosen und Sperrmüll. Aber eben auch Berge an – oftmals ungeniert als nachhaltig beworbenen – Verbundmaterialien. Auch hier ist in der Tat noch viel Luft nach oben. Und bei alldem möge man nicht vergessen: Tatsächliche Nachhaltigkeit bedeutet auch: Verzicht!

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!

Ihr

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