Darf ich Sie ein wenig provozieren? Die Branche hat ein schwieriges Jahr hinter und eine noch etwas verschwommene Zukunft vor sich. Kein Grund für großes Feuerwerk also, aber vielleicht der geeignete Moment, einmal auf die Selbstdarstellung bzw. Außenwirkung zu blicken. Der Aufwand für eine möglichst seriöse Berichterstattung hat in diesem Jahr zugenommen, denn die Unternehmenskommunikation wird zunehmend von Superlativitis geprägt. Täglich prasseln sie im Stakkato herab, die „Weltmarktführer“, „Technologieführer“ und „treibenden Kräfte“ mit ihren „innovativen“, „nie dagewesenen“, „beeindruckenden“, „bahnbrechenden“, „auf ganzer Linie überragenden“ und selbstverständlich „revolutionären“ neuen Errungenschaften und „Weltpremieren“.

Nun finden angekündigte Revolutionen bekanntlich nicht statt, und Zyniker würden vielleicht sogar das Wort „Angstblüte“ in den Mund nehmen, aber mal ehrlich: Aus welchen 80er-Jahre-Marketingseminaren sind die Euphemismus-Berater entsprungen, die so etwas für zeitgemäß und zielführend halten? Und welches Licht werfen solch billige, marktschreierische und im Dutzendpack verwendete Formulierungen darauf, was manche Unternehmen über die Mündigkeit und Auffassungsgabe ihrer Kunden denken?

Die Papier-, Druck- und Medienbranche navigiert durch ein schwieriges Umfeld. Sie hat aber Lösungen anzubieten – zukunftsfähige Lösungen, die sich seriös und mit einer gewissen Demut am Markt verkaufen lassen. Der begleitende Auftritt hält jedoch mit diesen Produkten und Dienstleistungen vielfach nicht mit, insbesondere im Licht der immer größer werden Transparenz. Vielleicht kann sich die Industrie 2021 wieder mehr auf die eigenen Stärken und die nötige Bescheidenheit fokussieren. Die Spin-Doktoren hingegen mögen sich in die Wüste begeben. Und bitte: Gehen Sie nicht über LOS!

Ich wünsche Ihnen ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr!