Ein Ultraschallsensor, der die Echoortung nutzt, wie sie von der Fledermaus bekannt ist, ein Ladungs-System für die autonome Lkw-Verladung und ein Algorithmus zur effizienten Routen- und Tourenplanung – das sind die innovativen Spitzenleistungen, die auf der diesjährigen LogiMAT 2023 mit dem renommierten Preis „Bestes Produkt“ ausgezeichnet wurden.
Die unabhängige Jury aus Wissenschaftlern und Journalisten wählte aus mehr als einhundert eingegangenen Bewerbungen drei würdige Preisträger aus, die dem Namen „Bestes Produkt“ alle Ehre machen. Sie erfüllen in herausragender Weise die Wettbewerbsbedingungen: Produktivitätssteigerung, Kostenersparnis und Rationalisierung. Die ausgezeichneten Unternehmen leisten mit ihren Produkten einen Beitrag zu sicheren Prozessen, zur flexiblen Anpassung bei Veränderungen sowie zur Effizienzverbesserung und somit letztlich zur Steigerung der Produktivität in der Logistik. Vergeben wurde der Preis „Bestes Produkt“ im Rahmen der feierlichen Eröffnung in der LogiMAT Arena am Vormittag des ersten Messetages. Die Laudatio hielt Prof. Dr.-Ing. Johannes Fottner, Ordinarius des Lehrstuhls für Fördertechnik Materialfluss Logistik der Technischen Universität München.
In der Kategorie „Kommissionier-, Förder-, Hebe-, Lagertechnik“ ging der Preis an die Meysens GmbH (Eingang Ost, Stand EO91A, Gemeinschaftsstand „Innovation made in Germany“) für den 3D Ultraschallsensor Toposens Echo One®.
Der 3D Ultraschallsensor Echo One® ermöglicht es mobilen Robotern wie AGVs und AMRs, Kollisionen mit allen Arten von Hindernissen zu vermeiden. Im Gegensatz zu bestehenden Sensortechnologien, die durch Lichtverhältnisse oder Feuchtigkeit negativ beeinflusst werden können, nutzt der Sensor die Echoortung wie sie von der Fledermaus bekannt ist, um robuste 3D-Echoortungsdaten in Echtzeit zu erzeugen. Und das unabhängig von den jeweiligen Bedingungen vor Ort.
„Der 3D Ultraschallsensor Toposens Echo One® ist im übertragenen Sinne das Auge autonomer Systeme und ergänzt kamerabasierte Bilderkennung mit einem sicheren System zu Objekterkennung als Sicherheitsausstattung autonomer Systeme“, urteilt Jury-Mitglied Professor Fottner in seiner Laudatio.
Die Sensorik unterscheidet sich dabei grundlegend von gängigen Sensor-Systemen, die meistens auf optischer Basis funktionieren und aufgrund dessen Schwachstellen in der Objektekennung verzeichnen, wenn die optischen Umgebungsverhältnisse nicht optimal sind. Dies kann zu vermeidbaren Kollisionen führen, wobei ein akustisch-basierender Sensor wie der Echo One® Abhilfe leisten kann. Er bietet eine 3D-Multi-Objekt-Erkennung von komplexen und transparenten Objekten im Ultranahbereich von 10 cm bis zu 3 m sowie ein sehr weites Sichtfeld von bis zu 160° im Ultranahbereich und bis zu 110° bei 3 m. Dies ist besonders wichtig für die Erkennung von Gabelstaplerzinken, welche in der sensorbasierten Objekterkennung zu den komplexen Objekten zählen und speziell in der Intralogistik und dort vor allem im Mischbetrieb Gefahrenpotential haben, wenn sie nicht zuverlässig erkannt werden.
„Beeindruckend ist, dass damit auch komplexe Objekte und selbst Glas und andere Materialien, die bei optischen Verfahren herausfordernd sind, sicher erkannt werden. Damit leistet der Sensor im Bereich der 3D-Absicherung einen wichtigen Beitrag zum sicheren Betrieb modernder autonomer Systeme“, so Professor Fottner weiter.
Der Sensor kompensiert die Nachteile optischer Sensoren, die Probleme in der Erkennung von Glas oder spiegelnden Oberflächen haben können, durch schallbasierte Triangulation in Kombination mit hochentwickelter Rauschfilter-Software. So erzeugt er robuste 3D-Daten in Echtzeit für jedes erkannte Hindernis innerhalb der voll einstellbaren, dynamischen Warn- und Stoppzonen. Das System bietet digitale Ein- und Ausgänge sowie Ethernet als Hardware-Schnittstelle. Durch die Erkennung selbst der komplexesten Objekte in der Umgebung mit einer kleinen Blindzone werden kostspielige Unfälle reduziert und gleichzeitig höchste Sicherheit in jedem Anwendungsbereich gewährleistet. Daher ist er die ideale Lösung für eine sichere und zuverlässige Navigation von mobilen Robotern in der innerbetrieblichen Logistik.
In der Kategorie „Identifikation, Verpackungs- und Verladetechnik, Ladungssicherung“ wurde der Preis der Trapo GmbH verliehen (Halle 5, Stand 5D53). Ausgezeichnet wurde das Be- und Entladesystem TLS 3600, das Palettenladung autonom vom Lager bis in den Lkw hinein verlädt (Foto).
Das TLS 3600 schließt die Sicherheitslücke in der Ladezone. Es kann in Kombination mit Fahrerlosen Transportsystemen die üblichen Gabelstapler-Transporte von Palettenware zwischen Produktion, Lager und Verladezone durch einen vollautomatisierten Prozess ersetzen und schafft so Personen- und Warensicherheit beim Be- und Entladen.
Flüsterleise ist es in der Ladezone, wo üblicherweise emsiger Staplerverkehr herrscht. Nach Ankunft meldet sich der Lkw-Fahrer aus der Wartezone heraus über die Bedienfläche eines Monitors an. Dies löst das automatisierte Be- oder Entladen aus. Das TLS realisiert den Warenumschlag im Sinne einer effektiven Gesamtlogistik sicher, automatisiert mit kurzen Wegen und bei Bedarf 24/7.
„Seit Jahrzehnten bemühen wir uns, die Standzeiten der Lkw an der Rampe zu verringern. Trapo bietet hier eine Verbesserung für Koffer-Lkw allgemein und ohne spezielle stationäre Einrichtungen. Das System toleriert sogar kleine Abweichungen in der Ausrichtung der Lkw“, so Jurymitglied Prof. Dr.-Ing. Wolf Michael Scheid, Fachgebietsleiter im Ruhestand.
Seinen Namen erhielt das TLS 3600 von einem besonderen Feature: Es verlädt in einem Arbeitsgang parallel jeweils drei Paletten à 1.200 kg, entsprechend 3.600 kg.
Die Anlieferung der Paletten erfolgt wahlweise durch konventionelle Technik, einen Shuttle-Schwarm oder ein XXL-Shuttle, letzteres liefert jeweils drei Paletten gleichzeitig an. Verladen in drei Schritten: Zunächst werden bis zu drei Paletten auf der Fördertechnik nebeneinander in Reihe platziert (Schritt 1) und ausgerichtet. Es folgen die Aufnahme (Schritt 2) und das Verladen der Reihe (Schritt 3). Während des Verladevorgangs wird die nachfolgende Palettenreihe gebildet und bereitgestellt. Ein kontinuierlicher Ablauf, der Zeit und Wegstrecke spart.
Wettbewerber bieten vor allem One-Shot-Systeme an. Sie stellen die gesamte Lkw-Ladung in der Ladezone bereit, bevor sie in einem Zug verladen wird. Vor allem aber wird in der ohnedies knapp bemessenen Fläche viel Raum unnötig durch Stellplätze von etwa 20 Metern Länge blockiert.
Das TLS 3600 beweist Flexibilität: Optimal eingebunden in die Lagerlogistik, agiert das TLS autonom, denn es ist sowohl als starres System als auch zwischen Ladeluken verfahrbar und korrigiert bei Einfahrt in den Lkw per Hinterradlenkung selbsttätig seine Position an der Rampe.
In der Kategorie „Software, Kommunikation, IT“ ging der Preis an die Greenplan GmbH – Member of EPG (Halle 8, Stand 8A71) für den Greenplan-Algorithmus zur Routenplanung.
Greenplan ist ein SaaS-Anbieter zur Planung dynamischer Routen, die sowohl effizient, als auch nachhaltig sind. Die Routenplanung basiert auf einem mathematischen Algorithmus, der Effizienzsteigerungen von bis zu 20 % ermöglicht.
Zwei weitere Besonderheiten: die dynamische Planung und das Konzept der Overlapping Districts. Volldynamische Routen lösen feste Lieferdistrikte vollständig auf. Dadurch kommt es zur Optimierung der gesamten Liefergebiete und verbesserten Ausbalancierung der Volumina über alle Touren hinweg. Gleichzeitig werden die Fahrzeiten optimiert, was in Kosteneffizienzen resultiert. Die täglichen Touren variieren, da diese auf den tatsächlichen Sendungsmengen basieren und nicht auf Durchschnittswerten. Somit kann die Anzahl der Touren signifikant reduziert werden (ein europäisches Postunternehmen konnte anstatt mit 63 Vehikeln mit 32 Vehikeln pro Woche planen), sodass letztendlich auch weniger CO2 -Emissionen entstehen. Overlapping Districts bieten den Kompromiss zwischen volldynamischen Routen und festen Lieferdistrikten. Sie lösen die unausgewogenen Routen, die beispielsweise durch Postleitzahlgebiete entstehen, auf. Sie überlappen an ihren Grenzen um einige Kilometer, so dass Fahrer auch Adressen anfahren können, die in der Nähe ihrer eigentlichen Ziele liegen z.B. naheliegende Parkplätze gezielt eingeplant werden können.
"Die Software optimiert mit Hilfe eines zusammen mit der Universität Bonn entwickelten Algorithmus Touren und Routen. Touren werden in Abhängigkeit der tatsächlichen Sendungsmenge dynamisch geplant. Dadurch kann die Anzahl der Touren und somit der Ausstoß an CO2 reduziert werden“, so Jurymitglied Univ.-Prof. Dr.-Ing. Robert Schulz vom Institut für Fördertechnik und Logistik der Universität Stuttgart. „Die Betrachtung historischer Geschwindigkeitsprofile einzelner Straßenabschnitte in Abhängigkeit der Uhrzeit ermöglicht zudem eine bessere Planung von Touren und Routen.“
Eine weitere Herausforderung in der Routenplanung: Trotz einer vermeintlich optimalen Planung kommt es oft zu Ineffizienzen und Problemen, denn die tatsächliche Verkehrslage wird bei den meisten Routenplanern nicht berücksichtigt. Greenplan hingegen arbeitet mit historischen Geschwindigkeitsprofilen. Diese geben Auskunft darüber, zu welcher Uhrzeit auf welchem Straßenabschnitt welche durchschnittlichen Geschwindigkeiten gefahren werden. So entstehen tageszeitabhängige Fahrzeiten, die die optimale Planung von Stopps und das Einhalten von Zeitfenstern ermöglichen. Da die Fahrtzeiten auf derselben Straße im Laufe des Tages erheblich variieren, wirkt sich dies natürlich auch auf die Stoppplanung aus. Der Algorithmus identifiziert die optimalen Routen aus realen, straßenspezifischen Fließgeschwindigkeiten des Verkehrs und erkennt so, wann es wirklich Sinn macht ein Vehikel beispielsweise in eine Hauptstraße fahren zu lassen. So werden Staus vermieden, Fahrer verbringen weniger Zeit im Verkehr und eine zusätzliche Verstopfung der Innenstädte bleibt aus.
Die drei mit dem Preis „Bestes Produkt 2023“ ausgezeichneten Produkte stehen beispielhaft für alle anderen internationalen Aussteller der LogiMAT, die ihre Innovationen dem Fachpublikum zeigen. Die weltweit größte Fachmesse für Intralogistik-Lösungen und Prozessmanagement findet noch bis zum 27. April 2023 auf dem Messegelände in Stuttgart statt.