In vielen Branchen ist die Stimmung zurzeit aufgrund der geringen Nachfrage mau. Entsprechend häufig werden B2B-Verkäufer in Verhandlungen mit der Drohung konfrontiert: „Ihr müsst uns mit dem Preis entgegenkommen, sonst ...“. Hierfür sollten sie sich im Vorfeld wappnen.
Eine solide Gesprächsvorbereitung ist gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten extrem wichtig.
Die Investitionsbereitschaft und somit Nachfrage der Unternehmen ist aktuell in den meisten Branchen aufgrund der wirtschaftlich unsicheren Rahmenbedingungen eher niedrig. Deshalb stehen die Anbieter zumindest gefühlt oft mit dem Rücken zur Wand. Mit einem entsprechend mulmigen Gefühl gehen ihre Verkäufer in Vertragsverhandlungen. Denn sie wissen, dass ihre (potenziellen) Kunden, kaum ist die Tür geschlossen, folgendes Klagelied anstimmen: „Die Konjunktur ist aktuell weltweit schlecht“ bzw. „… steht auf extrem wackligen Beinen. Das spürt auch unser Unternehmen.“ Und dieses Klagelied wird in der Forderung münden: „Deshalb müssen Sie uns mit Ihren Preisen entgegenkommen.“
Dieses Szenario erleben die Vertriebsbeauftragten vieler Anbieter von Industriegütern und -dienstleistungen aktuell täglich. Mit entsprechenden niedrigen Erwartungen gehen sie oft in die Vertragsverhandlungen, und entsprechend schnell werden sie von den Einkäufern an die Wand gedrückt, wenn sie nicht ausreichend vorbereitet sind.
Klagen und Pokern gehört zum Job der Einkäufer
Eine solide Gesprächsvorbereitung ist gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten extrem wichtig. Denn in den Gesprächen sitzen die Einkäufer am längeren Hebel. Und diese Chance nutzen sie, um auszuloten: Welche Nachlässe und Zugeständnisse sind noch möglich? Dies zu tun, gehört zu ihrem Job. Denn ihre Aufgabe ist es, möglichst preiswert einzukaufen – also für ihr Unternehmen die beste Kosten-Nutzen-Relation zu erzielen.
Folglich wird, wenn sich Verkäufer und Einkäufer gegenüber sitzen, auch keineswegs nur über Preise und Liefermengen gesprochen. Auf der Tagesordnung stehen auch Themen wie:
Und in Zeiten, in denen sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und somit die Anforderungen der Kunden an die Produkte bzw. Problemlösungen der Unternehmen stark ändern, immer häufiger auch die Frage: Inwieweit kann Ihr Unternehmen uns helfen, die Herausforderungen, vor denen wir stehen, zu meistern?
In diesen Punkten liegt zumindest für Anbieter von Produkten bzw. Problemlösungen, die für die Zielkunden auch eine strategische Relevanz haben, bei Verhandlungen der Schlüssel, um auch in schlechten Zeiten gute Preise zu erzielen. Unter folgender Voraussetzung: Ihre Verkäufer haben vorab die möglichen Verhandlungspunkte genau analysiert, um so die Verhandlungsmasse und ihren Verhandlungsspielraum zu vergrößern.
Verkäufer-Aufgabe 1: Verhandlungsmasse schaffen
Genau analysieren sollten Verkäufer im Vorfeld unter anderem: Wie ist die Situation im Marktsegment des Kunden? Dies ist aktuell extrem wichtig! Denn Einkäufer neigen aus verhandlungstaktischen Gründen dazu, wenn die Situation grau ist, diese pechschwarz zu malen. Von Marktkrisen werden aber nicht alle Branchen mit gleicher Schärfe erfasst – auch in den verschiedenen Marktsegmenten einer Branche gibt es Unterschiede. Diese sollten Sie kennen.
Ein weiteres Themenfeld ist die Marktsituation und -position des Kunden. Hieraus ergibt sich, auf welchem Ohr er erreichbar ist. Informieren Sie sich vor der Verhandlung darüber, vor welchen Herausforderungen Ihr Partner aktuell steht – zum Beispiel:
Analysieren Sie bei Bestandskunden auch die Beziehung Ihres Unternehmens zum Kunden; außerdem: Welche (Service-)Leistungen erbrachte es für den Kunden, zu denen es nicht verpflichtet war?
Verkäufer-Aufgabe 2: Ein Maximal- und ein Minimalziel definieren
Wenn Sie all diese Infos haben, können Sie definieren:
Danach können Sie eine kundenspezifische Argumentationskette entwerfen.
In der Verhandlung selbst sollten Sie stets vor Augen haben: Schon geringe Preisnachlässe wirken sich oft fatal auf die Rendite aus. Hierfür ein Beispiel: Ein Industriezulieferer hat eine Umsatzrendite von fünf Prozent. Erzielt das Unternehmen nur ein Prozent niedrigere Preise, dann sinkt zwar auch der Umsatz nur um ein Prozent, der Gewinn aber um 20 Prozent. Entsprechend standhaft sollten Sie Ihre Preise verteidigen.
Verkäufer-Aufgabe 3: Die Vorzüge der Zusammenarbeit aufzeigen
Führen Sie in Verhandlungen mit Bestandskunden diesen zunächst nochmals den Nutzen der Zusammenarbeit vor Augen. Fragen Sie Ihr Gegenüber zum Beispiel, wenn Sie unter anderem aufgrund Ihrer Vorabgespräche mit Ihren Kollegen im Innendienst, im Service usw. wissen, dass die Zusammenarbeit mit dem Kunden gut läuft:
Fragen Sie ihn zudem, inwieweit gewisse (kostenlose) Serviceleistungen – wie zum Beispiel eine kurzfristige Teilelieferung oder ein Verlängern der Zahlungsfrist – für seine Organisation hilfreich waren.
Hat der Kunde den Nutzen Ihrer Zusammenarbeit vor Augen, können Sie zum Beispiel sagen: „Ihren Worten entnehme ich, dass Sie unserer Partnerschaft zufrieden sind.“ Bejaht der Kunde dies, kann als Anschluss folgen: „Dann wollen Sie gewiss auch künftig mit uns zusammenarbeiten.“
War die Zusammenarbeit wirklich gut, wird der Kunde dies bestätigen – jedoch mit der Einschränkung „Wenn Sie uns preislich entgegenkommen“. Danach wird er all seine Argumente nennen, warum ein Preisnachlass unumgänglich ist. Und diese werden nicht selten in einer Aussage münden wie: „Mir liegt ein Konkurrenzangebot vor, das fünf Prozent günstiger ist.“
Reagieren Sie hierauf nicht panisch, denn die Tatsache, dass der Einkäufer mit Ihnen spricht, zeigt:
Entsprechend gelassen sollten Sie zum Beispiel erwidern: „Ja, wir sind auf den ersten Blick zwar etwas teurer als manche Mitbewerber, denn wir ....“ Bestätigen Sie also den höheren Preis und entrollen Sie dann Ihre Argumentationskette, warum sich eine Zusammenarbeit mit Ihrem Unternehmen trotzdem lohnt. Oder anders formuliert, warum Ihr Unternehmen zwar nicht der billigste, aber der preis-günstigste Anbieter ist.
Verkäufer-Aufgabe 4: Nach dem Prinzip geben und nehmen verhandeln
Unabhängig davon, wie überzeugend Ihre Argumentation ist, wird Ihr Verhandlungspartner in der Regel jedoch Nachlassforderungen stellen, auf die Sie situationsbedingt entweder eingehen wollen oder müssen. Verknüpfen Sie Ihre potenziellen Zugeständnisse stets mit Gegenforderungen – idealerweise solchen, die den Kunden stärker an Ihre Organisation binden. Sagen Sie also zum Beispiel:
Nennen Sie, wenn Sie mögliche Preisnachlässe in den Raum stellen, jedoch nie glatte Zahlen. Denn Ihre Preise sind scharf kalkuliert.
Verkäufer-Aufgabe 5: Die Preisdifferenz relativieren
Angenommen nun Sie offerieren Ihrem Partner einen deutlich niedrigeren Preisnachlass als er sich wünscht, dann wird er in der Regel laut Zeter und Mordio schreien und eventuell sogar drohen: „Dann ist unsere Zusammenarbeit beendet.“ Daraufhin können Sie zum Beispiel ruhig erwidern: „Das haben wir uns gedacht. Deshalb haben wir nochmals mit unseren Zulieferern verhandelt. Außerdem haben wir die Abläufe x und y optimiert. Dadurch konnten wir unsere Kosten, um etwa ein Prozent senken. Deshalb können wir Ihnen einen höheren Nachlass von … Prozent gewähren, wenn Sie ....“
Daraufhin wird Ihrem Partner ein Stein vom Herzen fallen, denn er erkennt, dass Sie auf partnerschaftlicher Ebene verhandlungsbereit sind. Dies bedeutet aber noch keinesfalls, dass er Ihren Geben-und-Nehmen-Vorschlag akzeptiert. Vielmehr ist nun erst die Basis für die weitere Verhandlung gelegt.
Hierbei muss der Verkäufer sein gesamtes Verhandlungsinstrumentarium auspacken. Hierzu zählt, dass er den Preisunterschied relativiert. Zum Beispiel, indem er sagt: „Unsere Leistungen haben an Ihren Gesamtkosten nur einen Anteil von 5 Prozent. Wenn Sie uns trotz der 3,5 Prozent höheren Preise als Partner engagieren, dann erhöht dies Ihre Gesamtkosten also nur um 0,175 Prozent. Dafür gehen Sie vermutlich nicht das Risiko ein, dass ....“
Außerdem sollte der Verkäufer den geforderten prozentualen Nachlass in einen realen Geldbetrag umwandeln, um sich selbst und dem Kunden dessen Wert bewusst zu machen und die Preisdifferenz dann isolieren – zum Beispiel, indem er sagt: „Wenn wir also den Differenzbetrag von 2800 Euro kompensieren, dann erteilen Sie uns den Auftrag?“ Stimmt der Kunde dem zu, können Sie ihn bitten, Ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten, wie die Differenz kompensiert werden kann. Hierfür gibt es zahllose Möglichkeiten. Zum Beispiel: Das Zahlungsziel verändern. Oder das Auftragsvolumen erhöhen. Oder den Lieferumfang ausdehnen, also weitere, zusätzliche Produkte bei Ihrem Unternehmen ordern.
Verkäufer-Aufgabe 6: Den Preis vehement verteidigen
Wie flexibel Sie beim Verhandeln agieren können, hängt von Ihrer Beziehung zum Kunden, Ihrem Verhandlungsgeschick und Ihrer Gesprächsvorbereitung ab. Generell gilt jedoch: Wenn Sie gesagt haben „Das ist unter den gegebenen Voraussetzungen mein Preis“, dann sollten Sie ihn mit Händen und Füßen verteidigen. Denn wenn Sie zu schnell einknicken, belastet das ihre Beziehung, weil der Einkäufer Ihnen und Ihren Angeboten nicht mehr traut. Zudem rauben Sie ihm das Gefühl des Stolzes und der Zufriedenheit, das er nach einem hart erkämpften Verhandlungserfolg verspürt. Gönnen Sie es ihm.
Über den Autor
Peter Schreiber ist Inhaber der B2B-Vertriebs- und Managementberatung PETER SCHREIBER & PARTNER, Ilsfeld bei Heilbronn. Er ist u.a. Referent an der IHK-Akademie München in Westerham und bei WEKA Industriemedien in Wien sowie Lehrbeauftragter am Fachbereich Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule Mannheim.