P3 5-6/2021 de

Leonhard Kurz

Nachhaltigkeit und Veredelung sind kein Widerspruch

Technik Finishing

Markenartikler kennen das Problem: Bei der großen Produktvielfalt am POS wird es zu einer immer größeren Herausforderung, mit dem eigenen Produkt aus dieser Masse herauszustechen. Hier übernimmt die Verpackung die tragende Rolle; sie transportiert nicht nur einen entscheidenden Teil des Produktversprechens, sondern sorgt oft für das ausschlaggebende Differenzierungsmerkmal, das die Aufmerksamkeit des Konsumenten in seinen Bann zieht. Am Ende muss zwar das Produkt selbst mit seinen Eigenschaften überzeugen, doch eine gelungene Veredelung der Verpackung kann oft den Ausschlag geben, welcher Artikel im Einkaufswagen landet.

Während also auf der einen Seite der Kampf um die Aufmerksamkeit der Kunden zunimmt, steigen auf der anderen Seite die Ansprüche der Käufer an die Nachhaltigkeit der jeweiligen Produkte und eben auch ihrer Verpackungen. Immer wieder neue und effiziente Lösungen zu liefern, die Produkten und deren Verpackungen wortwörtlich Glanz verleihen und dennoch immer größer werdende Umweltstandards erfüllen können, wird zum Spagat für die Hersteller. Der Dünnschichttechnologie- und Veredelungsexperte Leonhard Kurz hat aber genau darauf eine Antwort. Das Unternehmen beschäftigt sich schon seit Jahrzehnten damit, nachhaltig zu arbeiten und einen rücksichtsvollen Umgang mit bestehenden Ressourcen einzuhalten.

Für Markus Hoffmann, Mitglied der Kurz-Geschäftsleitung, steht fest, dass es kaum eine Branche gibt, die in den vergangenen Jahrzehnten größere Schritte in Richtung Nachhaltigkeit gemacht hat als die Druckbranche. Seiner Einschätzung nach ist die gesamte Industrie mit ihren Erfolgen, beispielsweise bei der stetigen Reduzierung des in der Produktion und Verarbeitung anfallenden Energieaufwands, der Reinigung und Aufbereitung von Abluft sowie dem sachgemäßen Umgang mit und der Entsorgung von Abwässern, schon sehr weit fortgeschritten, so unter anderem durch eine Abwasservorbehandlung oder den Einsatz von Verbrauchsoptimierungssystemen. Die Einführung und Einhaltung von Umweltstandards in solchen Produktionsbetrieben tragen dafür Sorge, dass stets kontinuierliche Verbesserungen vorgenommen werden. Dennoch, und da macht sich Kurz trotz der positiven Grundeinschätzung nichts vor, ist beim Thema Nachhaltigkeit immer noch Luft nach oben.

Wenn die Branche also das Optimierungspotenzial weiter ausschöpft, ihr Engagement beibehält, Kunden aufklärt und Erfolge aktiv kommuniziert, kann der Schritt in eine umweltfreundlichere Zukunft zügig gelingen. Fortschritte zum Ausbau der Initiativen für nachhaltiges Agieren beim Drucken, Verpacken oder Veredeln gibt es viele. Dennoch gilt es, sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen. Es ist hinlänglich bekannt, dass bei Prägeverfahren Kunststoffträger zum Einsatz kommen, von denen die dekorativen Lackschichten im Transferprozess abgelöst werden. Der Vorteil: Im Vergleich zu Laminaten verbleibt genau diese Folie nicht auf der Oberfläche, sondern dient nur zum Übertrag der hauchdünnen Dekorationsschicht auf den jeweiligen Bedruckstoff. Der Nachteil: Dieser PET-Träger fällt dennoch als Reststoff im Transferprozess an und wurde bisher wegen seines hohen Heizwertes vor allem thermisch verwertet und zur Energiegewinnung eingesetzt, oder beim energieintensiven Prozess der Zementherstellung als Ersatzbrennstoff anstelle von Kohle und Gas verwendet. Eine zumindest teilweise Rückführung der PET-Träger in den Kreislauf konnte dabei jedoch nicht erfolgen. Bedeutet das alles schließlich doch, dass Druck und Veredelung mit Nachhaltigkeit in Widerspruch stehen? Nein - sagen zumindest die Experten von Kurz.

Für die Unternehmensführung und die Unternehmerfamilie ist der Weg vom ambitionierten Goldschläger zu einem weltweit aktiven, nachhaltigen und innovativen Veredelungs-Experten klar: „Wir wollen das nachhaltigste Unternehmen in der Branche sein und unser Versprechen an den Kunden, ihn zum Green Leader seiner Industrie zu machen, einlösen“, erklärt Markus Hoffmann. Dieser nachhaltige Gedanke muss jedoch in Einklang mit dem gebracht werden, wofür das Unternehmen bei seinen Kunden bekannt ist: Veredelung mit hohen Qualitätsstandards.

Herausforderung einer ganzen Branche

Ganzheitliche Nachhaltigkeit in der Veredelung von Verpackungen klingt nach einer immensen Verantwortung und Herausforderung. Zum einen werden durch die Verpackungen selbst Ressourcen verbraucht, zum anderen fallen im Veredelungsprozess weitere Abfallprodukte und Emissionen an. „Wir machen uns da nichts vor“, erklärt Markus Hoffmann und ergänzt: „Wie für viele Bereiche gilt auch für die Druck-, Verpackungs- und Veredelungsindustrie, dass nur ein vollkommender Verzicht auf Druck, Veredelung, ja sogar auf die Verpackung selbst die nachhaltigste Alternative wäre.“ Klare Worte des Mitglieds der Kurz-Geschäftsführung, das unter anderem die Bereiche der grafischen Veredelungslösungen und der dazugehörigen Maschinen des Dünnschicht-Unternehmens verantwortet. Worte, die auch zeigen, wie realistisch man bei Kurz auf die Lage blickt. Schließlich ist es das Hauptgeschäft vieler Unternehmen - und auch das von Leonhard Kurz - mithilfe dieser PET-Träger dünnste dekorative Lackschichten auf die Kundenprodukte zu übertragen, so dass diese wiederum eine individuelle und attraktive Optik bekommen - und die Produkte genau damit einzigartig und zum Blickfang machen.

Für Ralph Hopfensitz ist der durchaus selbstkritische Ansatz, der im Unternehmen gelebt wird, jedoch kein Widerspruch zu dem, was für die Verarbeiter, Drucker und deren Kunden – zu denen häufig Markenhersteller zählen – von Kurz produziert wird. „Veredelung ist natürlich ein Kann, kein Muss. Aber eine Welt ohne alle ‚Kanns‘ ist auch nicht schön“, so Hopfensitz, ebenfalls Mitglied der Geschäftsleitung von Leonhard Kurz. Und genau in diesem Spannungsverhältnis zwischen dem Streben nach mehr Nachhaltigkeit und den unternehmerischen Zielen der Druck-, Veredelungs- und Verpackungsindustrie befinden sich neben Kurz zahlreiche weitere Marktteilnehmer in der Branche. Sie alle müssen ihre Aktivitäten immer weiter ausbauen und stets optimieren, um dem wichtigen Thema Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen.

Wie wird man zum Green Leader?

Angesichts der sich verändernden Kundenwünsche und einem immer lauter werdenden Ruf nach mehr Nachhaltigkeit sind Drucker und Verarbeiter auch stark auf das Verantwortungsbewusstsein der zuliefernden Unternehmen angewiesen – gefragt sind innovative Dienstleister, die diesen Anspruch teilen und ihm nachkommen. „Nachhaltigkeit ist zum Teil unserer DNA geworden, da sie zum einen bei Kurz auch von den Inhabern vorgelebt wird. Zum anderen hinterfragen wir unser Handeln seit Jahren tagtäglich dahingehend, ob wir tatsächlich schon die ressourcenschonendste Lösung gefunden haben“, erklärt Ralph Hopfensitz. Zum Markenkern gehört neben der Dünnschichttechnologie also auch der Weg in Richtung Life Cycle Thinking (LCT). Dieser Ansatz sieht vor, sich bewusst zu machen, welche Auswirkungen die tägliche Arbeit auf die Umwelt hat und im Sinne der Nachhaltigkeit darauf zu reagieren. Diesen Anspruch fasst Leonhard Kurz für seine Kunden unter dem Slogan „Be a Green Leader“ zusammen und macht ihnen damit zugleich das Angebot, selbst die Verantwortung für ihre Produkte und Branchen übernehmen zu können. Wie das gelingt? „Unter anderem durch eine sehr enge Abstimmung und viel Beratungsleistung“, weiß Hopfensitz und ergänzt: „Wir wollen unsere Kunden aufklären, was mit ihrem Produkt nach der Veredelung passiert. Bleibt es weiter recycelbar? Wie sind die Eigenschaften? Was ist optisch alles möglich? All diese Fragen klären wir vorab. Erst dann kann der Kunde die für ihn richtige Entscheidung wirklich bewusst und ganzheitlich treffen.“

Recosys – ein weiterer Baustein zur Reduktion der CO2-Emissionen

„Gemeinsam arbeiten wir intensiv an neuen Lösungen, noch besseren Alternativen und einer nachhaltigen Zukunft. Dadurch etablieren wir einen Prozess, der Ressourcen schont und CO2-Emissionen reduziert“, resümiert Markus Hoffmann. Neue Maßstäbe in Sachen Umweltverträglichkeit, die Kurz immer wieder setzt, geben Veredlern aber immerhin die Möglichkeit, ihre Klimabilanz durch die Teilnahme am Rücknahmesystem zu verbessern. Zudem ermöglichen sie es Markenherstellern gleichzeitig, ihre Produkte und Verpackungen attraktiv zu veredeln und so eine aufmerksamkeitsstarke Präsenz am POS zu gewährleisten. Einen solchen Maßstab hat Kurz nun mit dem Programm Recosys gesetzt und will damit möglichst vielen Marktteilnehmern einen deutlichen Mehrwert bieten. Dieses Rücknahme- und Recyclingsystem für PET-Träger trifft den Puls der Zeit in der grafischen Industrie und hat genau dann einen besonders großen Einfluss, wenn viele Unternehmen an einem Strang ziehen.

Was genau steckt dahinter?

Nach jahrelanger Forschungsarbeit ist es Kurz gelungen, aus dem Trägermaterial, das beim Übertrag der Lackschichten im Veredelungsprozess zum Einsatz kommt, einen wiederverwertbaren Kunststoff, das sogenannte Recopound, herzustellen. „Uns gelingt es nun, einen großen Teil der Trägerfolien, die bislang vor allem zur Energiegewinnung thermisch verwertet wurden, wieder der Kreislaufwirtschaft zuzuführen“, so Dr. Markus von Beyer, bei Kurz zuständig für die Entwicklung von umweltfreundlichen und nachhaltigen Technologien, über die erfolgreiche Arbeit seines Teams. Das gewonnene Kunststoffgranulat kann im Spritzgussverfahren zu hochwertigen Bauteilen weiterverarbeitet werden. Für Kurz war dieser Durchbruch in Sachen Nachhaltigkeit jedoch nur einer der Schritte auf dem Weg zu einem größeren Ziel. Markus von Beyer: „Eines Tages sollen aus der recycelten Trägerfolie wieder neue PET-Träger entstehen. Letztlich wollen wir ein Recyclingmaterial schaffen, das zur Herstellung neuer PET-Folien für unsere eigenen Transferprodukte genutzt werden kann. Erst dieser Schritt schließt den Kreislauf vollständig.“

Der Weg zum Closed Loop

„Wir investieren jährlich einen mehrstelligen Millionenbetrag in alle Projekte, mit denen unsere Produktion, aber auch unsere Produkte selbst noch nachhaltiger werden. Diese Investition in eine Vision ist auch ein Zeichen an die gesamte Branche“, erklärt Markus Hoffmann die Ambitionen. Der Strombedarf der deutschen Produktionsstätten von Kurz wird bereits jetzt zu 100 Prozent durch Ökostrom gedeckt. Zudem werden die eigenen Anlagen so weiterentwickelt, dass sie deutlich weniger Energie verbrauchen. „Unser übergeordnetes Ziel ist der Closed Loop, also ein tatsächlicher Kreislauf, der Ressourcen schont und nicht verschwendet. Wir wollen auf diesem Weg vorangehen und die Branchen, in denen wir aktiv sind, mitnehmen. Aktuell sehen wir, dass viele unserer Marktteilnehmer dieses Thema für sich noch nicht auf der Agenda haben. Daher gehen wir gerne mit positivem Beispiel voran“, zeigt sich Hoffmann entschlossen.

Ein Blick in die Historie zeigt, dass im Unternehmen Kurz die Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit nicht etwa erst seit wenigen Jahren ein wichtiges Thema ist. Bereits in den frühen 70er Jahren kamen – angetrieben durch eine Unternehmerfamilie, die sich dieser Verantwortung schon frühzeitig bewusst war – neue Lösungen für umweltrelevante Fragen zum Einsatz. Geschlossene Kühlkreisläufe und Technologien zum Nachbehandeln der Abluft wurden eingeführt, lange bevor sie Pflicht wurden. Vorstand und Familienmitglied der 5. Generation des Unternehmens, Walter Kurz, ergänzt dazu: „In den 80ern kamen neue Methoden zur Lösemittelrückgewinnung hinzu. Brand- und Leckerkennung wurde mit State-of-the-Art-Systemen sichergestellt. Anfang der 1990er wurde unser erster Thermoreaktor in Betrieb genommen, der eine thermische Verbrennung von Abgasen und damit Wärmerückgewinnung ermöglicht. Die Energie wurde schließlich wieder in unsere eigenen Prozesse eingespeist.“

Und auch der Beitritt zum United Nations Global Compact soll dem Engagement des Unternehmens Schub verleihen und so dabei helfen, die Vision des Green Leaders für Kurz, aber eben auch für dessen Kunden in die Realität umzusetzen.

Die Dimensionen nachhaltiger Veredelung

Aus Sicht der Kurz-Experten gibt es mehrere Ebenen, die miteinander in Einklang gebracht werden müssen, um die Veredelungsbranche in eine nachhaltige Zukunft zu führen. Zum einen wird es aus ihrer Sicht immer wichtiger, das Bewusstsein beim Kunden dahingehend zu schärfen, welche Vorteile eine sinnvolle Veredelung bringen kann, und so Transparenz zu schaffen. „Die Vorteile von Veredelung liegen auf der Hand – Studien bestätigen, dass veredelte Verpackungen oft schneller wahrgenommen werden und die Kaufentscheidung davon beeinflusst wird. Gleichzeitig bestätigt eine Vielzahl von Tests und Zertifikaten, dass die Verpackung dank unserer Lösungen trotzdem recycelbar bleibt und in der Recyclinganlage der richtigen Fraktion zugeordnet werden kann“, so Markus Hoffmann.

Ein weiterer Schritt ist, dass Kurz als Systemanbieter an der Seite der Hersteller und Veredler auftritt und ihnen in diesem Rahmen seit Jahren dabei hilft, die Veredelungsbranche – egal, ob digital, heiß oder kalt – mit immer neuen und ressourcenschonenderen Prozesslösungen zu versorgen. Aber nicht nur in den Abläufen bei den Kunden sucht Kurz nach effizienteren Lösungen. Auch im Unternehmen selbst wird bei der Produktion auf Energieeinsparung, Abluftnutzung und Abwasseraufbereitung gesetzt. Nur wenn es gelingt, die gesamte Wertschöpfungskette nachhaltiger zu gestalten, kann ein bleibender Eindruck in der Klimabilanz der Veredelungsindustrie hinterlassen werden.

Und auch wenn sich mit Recosys nach Angaben von Kurz derzeit noch kein Geld verdienen lässt, ist es ein elementarer Baustein der Strategie. Die Rücknahme und Weiterverwertung von Reststoffen entfaltet dann ihre maximale Leistung, wenn viele Unternehmen mitmachen. Genau daher investieren die Dünnschicht-Experten auch weiterhin stark in die technologische Innovation und möchten sie auch weltweit ausrollen.

Das letzte wichtige Feld, das Kurz in seiner Nachhaltigkeits-Offensive sieht, steht am Anfang einer jeden Produktion. Die Beschaffung der Rohstoffe, die Nachverfolgbarkeit der Lieferkette und die enge Zusammenarbeit mit Partnern und Lieferanten vor Ort sollen gewährleisten, dass Umweltstandards entlang der gesamten Prozesse eingehalten und überwacht werden.

„Wir freuen uns darüber, wie viele Unternehmen mit einem großen Verantwortungsbewusstsein an ihrer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie arbeiten und diese ausbauen“, erklärt Markus Hoffmann, und Walter Kurz fügt dem hinzu: „Wir hoffen, dass wir in vielen Bereichen mit gutem Beispiel vorangehen und auch weitere Unternehmen dazu motivieren können, noch mehr für die nachfolgenden Generationen in die Gegenwart zu investieren.“

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