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(13.12.2022 / sbr)

Verdi-Forderung erschwert vernünftige Verhandlungsbasis

Die Tarifverhandlungen der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie beginnen am 25. Januar 2023 mit einer ersten Verhandlungsrunde in Berlin. Gestern Abend veröffentlichte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ihre Forderung nach einer Anhebung der Löhne und Gehälter von 10,5 Prozent, bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Diese Forderung ist mit Blick auf die aktuelle Konjunktur und die allgemeine Wirtschaftslage der Branche eindeutig überzogen, teilte der HPV in Berlin mit.

„Alle jüngsten Wirtschaftsprognosen weisen für das nächste Jahr eine Rezession aus: von der Bundesregierung über die EU-Kommission bis hin zu OECD und Internationalem Währungsfonds. In der Papier- und Kunststoffverarbeitung leiden die Unternehmen immer noch unter den immensen Preissteigerungen der vergangenen Jahre bei Energie und Rohstoffen. Diese Situation hat sich durch den Krieg in der Ukraine noch einmal deutlich verschärft. Für viele Unternehmen der Branche hat sich die aktuelle Situation längst zu einer existenziellen Krise entwickelt“, sagte HPV-Verhandlungsführer Jürgen Peschel.

Die Position der Arbeitgeber wird durch fundamentale Daten des Statistischen Bundesamtes und des Instituts der Deutschen Wirtschaft gestützt: Im ersten Halbjahr 2022 war die wirtschaftliche Entwicklung in der Papierverarbeitenden Industrie von Stagnation geprägt. Der Produktionsindex ging gegenüber dem Jahreswert für 2021 unbereinigt um 1,0 Prozent zurück. Er lag aber noch um 0,3 Prozentpunkte über dem Indexwert des ersten Halbjahres 2021. Im langfristigen Vergleich lag die Produktion in den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 unbereinigt um mehr als sieben Prozent unter dem Niveau des Jahres 2011. Gleichzeitig zog der Erzeugerpreisindex weiter an. Gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 ergibt sich ein Anstieg von knapp 21 Prozent. Damit beruhen die Umsatzzuwächse der Branche auf Preiserhöhungen. Die Produktivität je Beschäftigten ging in den ersten drei Quartalen dieses Jahres gegenüber dem Vorjahr um 0,7 Prozent zurück. Damit einher geht ein Anstieg der Lohnstückkosten. In den ersten drei Quartalen 2022 stiegen diese gegenüber dem Vorjahr um vier Prozent.

Gleichzeitig betonen die Unternehmen die Verantwortung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: „Die aktuellen Preissteigerungen sind für Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen belastend. Als verantwortungsbewusste Arbeitgeber werden wir versuchen, dies in der kommenden Verhandlungsrunde zu berücksichtigen. Die wichtigste Unterstützung für die Menschen in Ausnahmekrisen erfolgt allerdings seitens des Staates. Mit den bislang drei Entlastungspaketen hat die Bundesregierung bereits vielfältige Maßnahmen aufgelegt, um den Preisauftrieb abzufedern – und damit die Geldbeutel der Menschen zu schonen. Für die Unternehmen fehlen Maßnahmen in vergleichbarem Umfang. Dies muss bei den Tarifverhandlungen berücksichtigt werden“, betonte Peschel. „Ob die von der Bundesregierung angedachten Energiepreisobergrenzen überhaupt bei der Industrie ankommen, ist zudem derzeit noch völlig offen. Auch wenn die aktuelle Situation für beide Seiten keine leichte Ausgangsbasis darstellt, setzen wir darauf, dass der Umgang in den Verhandlungen fair bleibt. In der Vergangenheit sind die Arbeitgeber beim Tarifabschluss fast immer an die Belastungsgrenze gegangen und haben damit Resultate ermöglicht, die für beide Seiten einen Erfolg darstellten. Davon ist die aktuelle Forderung der Gewerkschaft diesmal aber besonders weit entfernt“, sagte der HPV-Verhandlungsführer.